Zielkonflikte berücksichtigen

Aktuelles – Anzeige

Zurück


Zielkonflikte berücksichtigen

Blick über Stockborn auf das IG-Nord
Blick über Stockborn auf das IG-Nord
Die Umwelt­ver­bände kriti­sie­ren un­aus­ge­wogene Flächen­wünsche

Mit einer gemeinsamen Presse­mit­teilung wollen die Natur­schutz­ver­bände BUND, GNOR, NABU und Natur­freunde im Gebiet von Kai­sers­lau­tern eine andere Per­spek­tive auf die von eini­gen Unter­neh­mern und von Ober­bürger­meister Weichel und der SPD ge­for­der­ten Flächen­neu­aus­wei­sun­gen auf­zeigen.

Diese, nach Ansicht der Unterzeichner berechtigten Argumente für eine sehr zurückhaltende und reiflich durchdachte Neuausweisung von Industrie-, Gewerbe- und Wohnflächen sollte nach Auffassung der Verbände in vergleichbarer Deutlichkeit in der RHEINPFALZ dargestellt werden, wie die Wünsche nach neuen Flächen in einem Brief von 30 Unternehmern in einem Artikel am 09.02.2022. Auch bei den Argumenten gegen Neuausweisungen geht es um die Erfüllung und Einhaltung von berechtigten und bereits beschlossenen Zielen im Interesse von Kaiserslautern, der Bürgerinnen und Bürger und zukünftiger Generationen.

 

Weitere Informationen zur Position des NABU zum Flächenverbrauch ab Seite 6:

NABU-Grundsatzprogramm „Nachhaltige Siedlungsentwicklung“ (11/2019)

Pressemitteilung vom 21.02.2022 zum Download:

220221_Pressemitteilung_Verbände_Flächenverbrauch.pdf (132,0 KiB)

Pressemitteilung vom 21.02.2022

 

Zielkonflikte berücksichtigen

Die Umweltverbände kritisieren unausgewogene Flächenwünsche

Die Kaiserslauterer Umweltverbände verstehen die Sorgen der Wirtschaft um den Wirtschaftsstandort Kaiserslautern. Funktionierende Wirtschaft ist eine Voraussetzung für ein gutes Leben der Menschen. Gleichzeitig müssen auch andere Bedingungen eingehalten werden, damit auch in Zukunft notwendige Ressourcen ausreichend zur Verfügung stehen.

So hat das Bundesverfassungsgericht in 2021 zur Klimakrise geurteilt, dass wir mit Rücksicht auf unsere Nachkommen unser Handeln stärker korrigieren müssen. Nach Erkenntnissen des Weltbiodiversitätsrats IPBES ist der Verlust der Biodiversität ein noch größeres Problem als der bisherige Klimawandel, bei dem die Grenzen für ein weiteres menschliches Leben bereits noch stärker überschritten sind.

Auch Landnutzungsänderungen, die zu Waldrodung, Versiegelung, Wüstenbildung oder sonstigen Änderungen von Flächen führen, gehören zu diesen überschrittenen, planetaren Grenzen und spielen beim Verlust der Biodiversität und bei der Klimakrise eine bedeutende Rolle, sowohl im globalen als auch im regionalen Maßstab. Mit dem Verbrauch neuer Flächen für Verkehrs- und Siedlungszwecke und zunehmender Versiegelung gehen biologische und physikalische Funktionen des Bodens dauerhaft verloren, das betrifft dann beispielsweise Fruchtbarkeit oder Fähigkeit für Wasseraufnahme und -durchlässigkeit. Zu den Folgen zählen der Verlust von Flächen für Landwirtschaft oder Natur, Überschwemmungen, niedrigere Grundwasserbildung oder Klimawirkungen. Mit unbebauten Flächen und unversiegelten Böden muss als endliche Ressource sparsam umgegangen werden.

Der Bundesrat hat daher bereits 2011 beschlossen, den Flächenverbrauch in Deutschland bis 2020 auf 30 Hektar pro Tag zu reduzieren. Und gleichzeitig wird es immer wieder Wünsche an allen Orten für Wohn-, Gewerbe- oder Industrieflächen geben. Hier wird ein Zielkonflikt erkennbar, denn dieses Ziel wurde in 2019 mit einem Flächenverbrauch von knapp 60 ha/Tag krachend verfehlt. Der Klimaschutzplan der letzten Bundesregierung berücksichtigt den Flächenverbrauch und benennt den „Netto-Null Flächenverbrauch“ als ein Ziel für den Übergang in eine Flächenkreislaufwirtschaft bis 2050. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (2016) und die Naturschutzverbände setzen sich dagegen ein für einen „Netto-Null Flächenverbrauch“ bereits im Jahre 2030. Demgegenüber steht jedoch die kaum gebremste Neuausweisung von Wohn-, Gewerbe- und Industriegebieten. Dabei ist offensichtlich, dass es so nicht weitergehen kann. Hier werden Zielkonflikte erkennbar, die es aufzulösen oder zumindest zu bedenken gilt.

Daher appellieren die Umweltverbände an die Entscheidungsträger:innen ganz genau zu prüfen, welche Flächen für wichtige gewerbliche Entwicklungen am klügsten zu nutzen sind. In Kaiserslautern lassen sich noch große Flächen finden, die für eine Folgenutzung zur Verfügung stehen und bereits für Siedlungs- oder Gewerbezwecke genutzt wurden. Dabei muss auch mit der US-Armee kontinuierlich über Flächenrückgaben zur Wiederherstellung als Naturraum oder zur (Nach-) Nutzung als Industrie- oder Gewerbegebiet verhandelt werden. Dieses Prüfen sollte nicht auf die Stadt Kaiserslautern beschränkt bleiben, sondern die gesamte Region umfassen. Einerseits sollte so ein Wettstreit der Kommunen vermieden werden, in dem Flächen auf Vorrat zur Nutzung ausgewiesen werden. Andererseits bedeutet auch die Formulierung „interkommunales Industriegebiet“ nichts anderes als eine über die Grenzen mehrerer Kommunen zusammenwirkende Freigabe von Flächen. Das bessert nichts am Ergebnis, nämlich neue Flächenversiegelung auf der Fläche jeder beteiligten Kommune. Geäußerte oder gar zukünftige Wünsche nach Flächen dürfen nicht zur Maxime politischen Handelns werden – auch nicht, wenn sie immer wieder oder besonders laut vorgetragen werden oder die Akteure prominent sind. Verantwortung erfordert sich mit Zielkonflikten umfassend zu befassen und ausgewogene, nachhaltige und auch generationengerechte Entscheidungen zu treffen.

Es ist daher gut, wenn sich Politik für ihre Entscheidungen die benötigte Zeit nimmt, um sich mit Argumenten und Zielkonflikten auseinanderzusetzen, und nicht allen Wünschen nachkommt.

 

BUND, Kreisgruppe Kaiserslautern, Kontakt: Karl-Heinz Klein

GNOR, Kaiserslautern, Kontakt: Hans-Dieter Leonhardt

NABU Kaiserslautern und Umgebung, Kontakt: Jürgen Reincke

NABU Weilerbach, Kontakt: Michael Schröder

Naturfreunde, Kaiserslautern, Kontakt: Hans Müller

Diese Flächen sollen einer Erweiterung des IG-Nord geopfert werden.
Diese Flächen sollen einer Erweiterung des IG-Nord geopfert werden.

Zurück